Motortuning BMW R1200GS

Falls das jemanden interessiert:


1979 saß ich in der Fahrschule auf einer BMW R 45. Für mich als Anfänger damals schon ein gewaltiges Geschoss, aber irgendwie konnten wir beide uns doch nicht so miteinander anfreunden, die BMW und ich. Stattdessen habe ich mir eine Yamaha XS 400 gekauft. Die hatte immerhin 38 PS, Magura Stummellenker, eine MBV Vollverkleidung und an guten Tagen waren auch mal über 180 auf dem Tacho drin. Da konnte die brave R 45 nicht mithalten.

Es dauerte noch fast 20 Jahre, bis ich wieder auf einer BMW saß. Karl-Heinz Dovers roter Cafe-Racer hat mich dann aber schwer beeindruckt. Es war ein 2Ventil-Boxer auf Basis der R 90 S, mit 1000 Kubik, bockstabilem Fahrwerk und tollen Bremsen. Der aufwendig getunte Motor zog schon aus niedrigsten Drehzahlen mächtig vorwärts und wollte bis weit in den roten Bereich nicht aufhören zu drehen. Der listenreiche Herr Dover hatte es natürlich auch nicht versäumt, mich vorher auf eine Serien R100 zu setzen. Ein phlegmatischer, schwammiger Eisenhaufen mit sauschlechten Bremsen. Ich muß zugeben, daß es eine Zeit gab, in der ich mich ernsthaft mit dem Gedanken trug, selber eine schnelle BMW aufzubauen.

Wieder einige Jahre später bekam ich eine R 100 aus der letzten 2Ventil-Baureihe zum Tuning in die Finger. Es war nur das kleine Programm, aber mit bearbeiteten Köpfen, höherer Verdichtung und einer Doppelzündung war die Probefahrt schon ganz lustig. Und das war noch lange nicht alles. Beim Tanken begegnete ich einem älteren Herren, der mich offensichtlich aufgrund meines Untersatzes vollkommen enthemmt ansprach und sich auf höfliche Art und Weise kaum davon abhalten ließ, mir seine Lebensgeschichte zu erzählen. Auch eine Begegnung mit der Obrigkeit erlebte ich unter ganz neuen Aspekten. Man gab sich ungewohnt jovial und das Ganze endete mit einer Ermahnung sowie einem längeren Fachgespräch über die unbestrittenen Vorzüge der R 75/5.

Das war´s schon, was ich bisher mit BMWs zu tun hatte. Bis vor ein paar Wochen die Anfrage von Matthias kam. Ob ich wohl Lust hätte, seine 2005er R 1200 GS zu tunen? Hatte ich.
BMW R1200GS
Dieser freundliche junge Mann bestreitet gerade, jemals im Leben einen
Klapphelm besessen zu haben. Das wollen wir ihm jetzt einfach mal glauben.
Die GS war mit einer SR-Komplettanlage ausgestattet und ansonsten serienmäßig. Nach der Eingangsmessung war ich allerdings enttäuscht. Die Kurve lag hinter meinen Erwartungen:
BMW R1200GS
98 PS entsprachen zwar genau der Werksangabe, aber wegen der Auspuffanlage hatte ich mir etwas mehr erhofft. (Alle Messungen: Kupplungsleistung auf Amerschläger p4 nach DIN. Im Fall der BMW ist die Kupplungsleistung auch die Kurbelwellenleistung).
Die Auspuffanlagen von Sepp Bruckschlögel gelten an der Boxer-BMW als Garant für verbesserte Drehmomentkurven und ein paar PS in der Spitze. Matthias war sich auch sicher, daß der Anbau die Leistung spürbar verbessert hatte und der übliche Drehmomenteinbruch bei 4500 Umdrehungen verschwunden war. Am Auspuff konnte es also nicht liegen. Ich habe mich daraufhin im Boxer Forum umgehört, aber keine eindeutige Erklärung gefunden. Allerdings erfuhr ich, daß es wohl nicht so ungewöhnlich war, wenn einzelne Exemplare unter der Herstellerangabe blieben. Falls uns hier die Serienstreuung einen Streich gespielt haben sollte, wäre das aber kein wirkliches Problem, weil ich beim Tuning die meisten relevanten Teile überarbeiten würde.

Bevor die Arbeit losging, habe ich eine Probefahrt gemacht. Wenn du dich draufsetzt, ist die GS schon ein gewaltiger Brummer. Trotzdem läßt sie sich leichtfüßig fahren und der Motor hat was. Auch bei bewusst untertouriger Fahrweise zieht er ohne Murren und verwöhnt dich dann mit einer breiten, kraftvollen Mitte. Selbst eine gewisse Drehfreude kann man ihm nicht absprechen. Das Ganze, wie man es von einer BMW erwartet, unspektakulär - oder auch souverän, je nach Sichtweise.

Bei dieser Gelegenheit ein paar Worte zur Zielgruppe: Bisher habe ich mir alles verkniffen, was mit Klapphelm, zweitem Frühling und Reihenendhaus zu tun hat. Das wollte ich eigentlich auch weiterhin tun. Trotzdem: die BMW ist eindeutig kein Gerät für den Spätpubertierenden, der davon träumt, eines Tages auf einer einsamen italienischen Landstraße Valentino Rossi zu begegnen und ihn in heldenhaften Kampf niederzuringen. Für ein jähes Ende dieser Träume sorgt dann aber gerne schonmal ein routiniert fahrender Klapphelmträger auf einer Boxer-BMW. Und machen wir uns nichts vor: Nach seiner hinterhältigen Tat stellt der fiese alte Sack die GS in die Garage vorm Reihenendhaus, stöpselt das Ladegerät an die Batterie und zeigt dann auch der Mutti mal wieder, was er sonst noch so alles draufhat.

Das Leben war nie wirklich gerecht.
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