Motor Tuning Kawasaki W650

Als ich das erste Mal eine Kawasaki W 650 sah,


war ich fasziniert. Unverkennbar die Kopie einer Engländerin aus den 60er Jahren - aber was für eine. Wunderbar klassische Linien, kein Schnickschnack. Es gab natürlich ein paar sinnvolle, aber nicht störende Zugeständnisse an den heutigen Stand der Technik. Die Königswelle überzeugte mich endgültig: Da war jemand mit Geschmack und Liebe am Werk gewesen. Kein Vergleich zu den peinlichen Harley-Kopien, die noch bis in die 90er Jahre aus Japan kamen.

Die Motordaten waren interessant, weil die W 650 einer der aussterbenden Langhuber ist (Bohrung/Hub: 72/83mm). Auch die kleinen 34er Gleichdruckvergaser ließen erkennen, daß man bei der Konstruktion weniger auf die Spitzenleistung als auf einen guten Drehmomentverlauf Wert gelegt hatte. Trotzdem interessierte sie mich als Tuningobjekt; denn auch Drehmoment kann man nie genug haben und es gibt nichts, was man nicht noch ein bißchen besser machen könnte. Außerdem ist für den Besitzer ein gelungenes Tuning schon in Bereichen erfahrbar, die auch auf der Landstraße noch nicht jenseits von Gut und Böse liegen.
Kawasaki W650
Ich mußte allerdings noch ein paar Jahre warten, bis es soweit war. Dann brachte Stefan ein topgepflegtes Exemplar mit wenig Kilometern auf der Uhr vorbei. Das Ziel des Tunings war, dem Charakter des Motorrads angemessen, Mehrleistung in der Mitte. Wir wollten dafür zwar noch nicht die ganz großen Geschütze auffahren, aber mit größeren Kolben, geändertem Nockenprofil und einer Kopfbearbeitung sollten wir schon spürbar vorwärts kommen. Von außen würde von diesen Maßnahmen nichts zu erkennen sein. Der Vorteil besteht darin, daß man bei der Clubausfahrt den nichtsahnenden W650-Kollegen eine prima Überraschung bereiten kann - wenn man es geschafft hat, vorher mal die Klappe zu halten. Ganz nebenbei lassen sich auch Begegnungen mit pingeligen Polizisten und TÜV-Prüfern wesentlich entspannter angehen.

Bevor ich mich an den Motor gemacht habe, bin ich erstmal eine Stunde durch die Gegend gefahren. Schon beim Aufsteigen fühlte ich mich fast 30 Jahre jünger. Das gute alte "auf der Maschine sitzen". Beim Anlassen war ich allerdings etwas enttäuscht. Stefan hatte eines der späteren Modelle, die mit Kat ausgerüstet waren, und das, was aus den Tüten kam, hörte sich ziemlich dünn an. Da wäre mit ein bißchen Sound-Engineering sicherlich mehr dringewesen. Das Gemisch im Standgas und im ersten Öffnungsbereich der Vergaser war nicht ganz sauber eingestellt. Man konnte auch spüren, daß der Motor, passend zum Langhub, eine recht große Schwungmasse hatte und etwas träge Drehzahl aufnahm. Beim Losfahren ging es deshalb aber schon aus niedrigsten Drehzahlen geschmeidig vorwärts. Danach zog er zwar tapfer weiter, aber ich fand, daß er ziemlich zugestopft zu Werke ging und weder Druck entwickelte noch besonderes Temperament an den Tag legte. Natürlich reichte die Leistung vollkommen aus, aber ich wurde das Gefühl nicht los, daß er nicht so konnte, wie er wollte.

Zurück in der Werkstatt kam die We auf den Prüfstand zur Eingangsmessung. Das Ergebnis war nicht berauschend und bestätigte den subjektiven Eindruck. Weil sich der Charakter eines Motors und das subjektive Leistungsempfinden am besten an der Drehmomentkurve erkennen lassen, werde ich im Folgende hauptsächlich diese Kurven verwenden. Wer es mehr mit den PS hat, bekommt jetzt aber eine einfache Formel zum Umrechnen: Die PS sind das Drehmoment geteilt durch Sieben mal Drehzahl in Tausend.
Kawasaki W650
Eine sehr glatte Kurve. Von 2000 bis 6000 Umdrehungen immer zwischen 54 und 56 Nm. Im oberen Bereich dann ein deutlicher Abfall und ein etwas unruhiger Verlauf. Der Wohlfühlbereich liegt zwischen 3000 und 5500 Umdrehungen. Die 46 PS und vor allem das maximale Drehmoment von 56 Nm - das sind 83 Nm pro Liter Hubraum - sind für einen solchen Motor aber keine überzeugenden Werte. (Diese, und alle weiteren Messungen: Kupplungsleistung nach DIN auf Amerschläger p4)
Nun hatte ich mich im Vorfeld etwas umgesehen. Ältere Exemplare mit einer Nennleistung von 50 PS brachten es bei Messungen auf bis zu 54 PS. Die neueren Modelle mit Kat dagegen waren mit 48 PS angegeben und hatten Mühe, diese Leistung zu erreichen. Wenn ich die Leistung von Stefans We um 20 % steigern könnte, würden wir nur wenig über dem liegen, was die frühen Modelle schon serienmäßig hatten. Der eine oder andere wird verstehen, daß ich von dieser Vorstellung nicht besonders begeistert war.

Daraufhin habe ich mir den Aufbau der Auspuffanlage angeschaut. Eine 2in2 mit klassisch geformten Schalldämpfern. Kurz vorm Hinterrad verband ein dicker Sammler die Töpfe. Die Krümmer waren leider mit den Dämpfern verschweißt. Viel gemeiner fand ich aber das schlampig angebratene Schellenimitat, das über der Schweißnaht saß; denn da gab es nichts abzuschrauben. Um andere Tüten draufzustecken, hätten wir die Flex anschmeißen müssen. Nach einem Telefonat mit Stefan war schnell klar, daß wir uns nach der kompletten Serienanlage vom älteren Modell umsehen wollten. Nach kurzer Suche wurden wir im Netz fündig.
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