Motor Ein- und Ausbau

Beim Ausbau des Motors musste ich einen etwas ungewöhnlichen Weg gehen. Thomas und ich haben den Motor auf der Hebebühne mit Holzklötzen unterlegt, ihn mit Spanngurten auf der Bühne fixiert, alle Halterungen gelöst und dann das Motorrad vom Motor weggehoben. Das Ganze war eine Riesenarbeit, weil die MT01 ziemlich verbaut ist und wir unglaublich viele Stecker, Züge, Achsen und Schläuche lösen mußten.
Motorausbau
Da ist man dann auch mal froh, wenn das geschafft ist. Um an den vorderen Zylinderkopf zu kommen, musste ich noch ein paar Leitungen, den Öltank und den Hilfsrahmen entfernen.
Das Aufmachen des Motors ging wegen der OHV-Bauweise recht schnell. Ruckzuck waren die Köpfe runter und ich konnte endlich einen Blick auf die Brennräume werfen. Der Abstand der Ventile zum Kolbenboden war so groß daß ich mir keine Sorgen um die Steuerzeiten und die Verdichtungserhöhung mehr machen mußte.

Die Verdichtung wollte ich von 8,36 auf 9 erhöhen. Wegen der langhubigen Auslegung des Motors würde ich dafür 1mm am Kopf abnehmen müssen. Als einzige weitere Maßnahme müßten dafür die Hüllrohre der Stoßstangen und die Passhülsen gekürzt werden. Bei der Messung der Quetschkanten kam ich auf 1,45 mm. Die große Frage war jetzt, was mit einem solchen Motor möglich wäre. Durch das Weglassen einer Lage aus der 3lagigen Kopfdichtung wäre ich auf 1,2mm gekommen, von denen ich annahm, daß sie möglich wären. Da ich mir aber nicht 100%ig sicher war und weil ein Fehlversuch richtig viel Arbeit nach sich ziehen würde, habe ich mich da erst mal nicht rangetraut.
Kolbenboden
(Auf dem Kolbenboden liegt doch recht viel Ölkohle. Das deutet darauf hin, daß der Motor einiges an Öl verbraucht hat. Die Ursache dafür kann aber durchaus darin liegen, daß er nach 3000 Km noch nicht richtig eingefahren ist. Außerdem sind keine Überwaschungen am Rand zu erkennen, was immer ein gutes Zeichen ist)

Im Kolbenboden ist eine Mulde zu erkennen. Dadurch haben die Ventile viel Platz im Überschneidungs-OT. Teilweise bildet diese Form auch die Quetschkanten ab. Durch diese Bauweise entsteht eine Brennraumform, die sich einer Kugel nähert und so die Verbrennung verbessert. Daß dadurch die Verdichtung sinkt, hat man dafür in Kauf genommen.
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Bevor die Köpfe zum Planen gingen, habe ich mich an die Bearbeitung der Kanäle und Brennräume gemacht. Es kann immer mal passieren, daß du bei der Kanalbearbeitung Macken in die Ventilsitze haust, die du nur mit Schleifen nicht wieder raus kriegst. Die kann der Motoreninstandsetzer bei der Gelegenheit gleich nachschneiden.

Beim Zerlegen der Köpfe fand ich Einlasskanäle, die im Bereich der Ventilsitze schon serienmäßig recht ordentlich aussahen. Hier habe ich etwas erweitert und verrundet. Den Rest des Kanals habe ich von Kanten befreit, den Steg zwischen den beiden Kanälen angeschärft, die Nasen der Ventilführung etwas schlanker gemacht und die Oberflächen geglättet.
Einlass Einlass
Pfeile auf der breiten Nase vor der Ventilführung, dem nicht ganz sauberen Übergang in den Ventilsitz und dem groben Trennsteg zwischen den Kanälen. Rechts: Nach der Bearbeitung
Beim Auslasskanal gab es schon etwas mehr zu tun. Hier standen die Ventilsitze recht weit in den Kanal und es gab grobe Unebenheiten und Kanten. Im Brennraum habe ich die Kanten neben den Ventilsitzen geglättet und im Einlassbereich etwas von den seitlichen Quetschkanten weggenommen. Von den Drosselklappenhaltern habe ich etwas Material abgenommen, so daß sie schmaler wurden. Die Drosselklappen habe ich an der Vorderseite scharfgeschliffen.

Dann kamen die Köpfe vom Planen zurück und ich machte mich an den Zusammenbau des Motors. Vorher habe ich die umgeschliffenen Nockenwellen vermessen und eine Überraschung erlebt. Die Öffnungszeiten waren höher als geplant. Offensichtlich hatte man es besonders gut mit mir gemeint und einiges mehr draufgegeben. Bei 1mm Nockenhub lag die Öffnung 19 über der Serienöffnung, bei 1mm Ventilhub 22 darüber. Der Ventilhub stieg um moderate 0,2mm. Diese Steuerzeiten waren für meinen Geschmack zu weit über dem, was ich noch als sinnvoll ansah. Die Spitzenleistung würde zwar stärker steigen, aber der untere und mittlere Bereich würden leiden. Was mir fast noch mehr Sorgen machte, war der relativ flache Verlauf im Anlaufbereich der Nocken.
Nocken
Die Grafik ist durch ein Fax und einen Scanner gelaufen. Deswegen musste ich sie nachbearbeiten. Die blaue Kurve ist die der Original-Einlaßnocke.
Es gab dann ein Krisengespräch mit Bernd und er nickte dieses Profil durch, mit der Option, bei Nichtgefallen später doch noch etwas weniger Scharfes einzubauen. Was die Sache nicht erfreulicher für mich machte, war die Bauart der Yamaha. Ein- und Ausbau der Nockenwellen bedeuten einen ziemlichen Aufwand. Ich war mit dieser Situation also alles andere als glücklich und mir blieb nur die Hoffnung, daß es doch nicht ganz so schlimm werden würde und ich durch die übrigen Maßnahmen den Leistungsverlust wenigstens einigermaßen ausgleichen könnte.

Auf der anderen Seite stand die Aussicht, eine Spitzenleistung deutlich über 100 PS zu erreichen und den Motor drehfreudiger zu machen. Ich sehe jetzt das eine oder andere fragende Gesicht. Deswegen: Ja, Drehfreude gibt es auch unterhalb von 15.000 Umdrehungen. Eventuell gäbe es auch die Möglichkeit, die Drehzahlgrenze zu erhöhen. Der Ventiltrieb müßte mit diesem Nockenprofil auf jeden Fall höhere Drehzahlen verkraften können und die Kolbengeschwindigkeit liegt mit 20,7 Metern/Sekunde bei 5500 auch noch nicht unüberwindlich hoch. 5700-5800 sollten möglich sein.

Also habe ich den Motor zusammengebaut.

Die Airbox habe ich bis auf die untere Schale und die Serientrichter weggelassen. Für den Power-Commander der MT01 gibt es zur Zeit leider nur zwei vorbereitete Kennfelder, die sich auf fast serienmäßige Motoren beziehen. Das Gemisch habe ich im oberen Drehzahlbereich und bei weiter Drosselklappenöffnung erstmal fetter eingestellt. Einen Tag später war es dann soweit. Der große Moment. Zündung an und auf den Knopf gedrückt. Der Anlasser nudelte brav und nichts passierte. Im Cockpit leuchtete die gelbe Motorlampe und es erschien Fehlercode 12. Das Werkstatthandbuch erklärte dazu, daß es sich um eine Störung des Kurbelwellensensors handeln müsste. Und tatsächlich: Ich hatte den Stecker vergessen. (Habe ich mich irgendwann mal abfällig über moderne Technik geäußert?)

Stecker wieder zusammen, Zündung an und diesmal blieb die gelbe Lampe aus. Nach zwei Umdrehungen der Kurbelwelle sprang der Motor an, um sofort in einen stabilen Leerlauf zu fallen. Ein banges Ohr lauschte auf mechanische Geräusche und der Zeigefinger schwebte dicht über dem Killschalter. Nichts, absolut nichts war zu hören außer dem dumpfen Bollern der Tüten und dem Zwitschern der Drosselklappen. Das sind die Momente, in denen auch dem abgebrühtesten Schrauber immer noch das Herz aufgeht.

Bei der Probefahrt lief der Motor mit dieser Abstimmung schon ganz manierlich und ich hatte ein gutes Gefühl. Die letzte Probefahrt lag aber zwei Monate zurück und ich hatte zu wenig Erfahrung mit diesem Motorrad, um jetzt schon Genaueres zum Ergebnis des Tunings sagen zu können.

Ich habe mir also einen kleinen Plan gemacht, ein paar Trichter und das Laptop eingesteckt und bin wieder zu Herrn Crone auf den Prüfstand gefahren.
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