Motor Tuning Yamaha XJR 1300 - die Auspuffanlage

Es dauerte noch eine ganze Zeit, bis sie kam. Federleicht (ca. minus 15 Kilo gegenüber der Serie!), traumhaft verarbeitet und mit beigelegtem Akrapovic-Schlüsselanhänger. Warum auf dem aber "Offroad Akrapovic" stand, weiß ich bis heute nicht. Beim Anbau stellte sich jedenfalls heraus, daß die Anlage nicht richtig passte. Ich kann nur spekulieren, aber ich vermute, daß sie ursprünglich für ein ähnliches Modell vorgesehen war und ohne Änderungen für die XJR verkauft wurde.

Mit ein bißchen hinbiegen bekam ich sie dann aber dran und der erste Lauf auf dem Prüfstand ließ mich den Ärger fast wieder vergessen. Wir hatten über den gesamten Drehzahlbereich eine teilweise deutliche Verbesserung. Auch die 5000er Delle war nicht mehr so ausgeprägt und obenrum legte sie noch mal richtig drauf. Obwohl wir ab 4000 immer über der Eingangsmessung lagen, gefiel mir die Kurve aber noch nicht richtig. Ich entschied mich, noch mal die Steuerzeiten zu ändern. Bisher hatte der Motor auf die Erhöhung Überschneidung nicht gut reagiert und ich hoffte, durch eine Reduzierung den mittleren Bereich stärken zu können. Ich wollte mit der Einlaßnocke wieder in die Nähe der ersten Einstellung kommen, aber diesmal die Auslassnockenwelle ein paar Grad vorstellen. Ich habe also den Einlaß auf 15/52 und den Auslaß auf 54/11 gedreht. Dann ging es wieder auf den Prüfstand. Das Ergebnis fiel aber ganz anders aus, als ich es erwartet hatte. Die Leistung sank bis auf die Spitze fast über den gesamten Drehzahlbereich.

Wir wollen es mal positiv sehen und feststellen, daß ich mit meinen ursprünglichen Vorhersagen über die Auswirkungen der Steuerzeiten doch nicht so falsch lag. Durch den Anbau der Akrapovic-Anlage reagierte der Motor jetzt auf jeden Fall anders als mit den Serien-Reflektionsdämpfern. ( Es wäre interessant gewesen, jetzt noch mal eine Messung mit der Serien-Anlage zu fahren, aber das war mir dann doch zuviel Arbeit für ein akademisches Ergebnis)

Der nächste Schritt mußte also Motor abkühlen und 25/42 heißen. Erst war ich gespannt. Dann freute ich mich. Über die schöne Kurve und auch ein bißchen darüber, daß es mit den Prognosen doch noch geklappt hatte.

Zum Vergleich kommen jetzt die Leistungskurven mit den verschiedenen Einstellungen der Nockenwellen. Und gleichzeitig auch eine, wie ich denke, überzeugende Antwort auf die Frage, was der Penner immer mit seinen Steuerzeiten hat.
Leistungsdiagramm
Die baue Kurve mit 15/52, die rote mit 20/47 und die grüne mit 25/42.
Das waren schon fast Kurven aus dem Lehrbuch für die Einstellung von Nockenwellen. Die Spitzenleistung unterschied sich kaum, aber der Kurvenverlauf sprach für sich. Der Knick, den die beiden ersten Einstellungen zwischen 4500 und 5000 verursacht hatten, war fast verschwunden.

Eventuell hätte ich mit der Überschneidung sogar noch höher rangehen können, aber langsam machte ich mir doch Sorgen um die Abstände der Ventile zum Kolbenboden, denn wir waren bei dem einen Millimeter angekommen, der als Sicherheitsabstand immer eingehalten werden sollte. Und sehr wahrscheinlich wäre auch die Spitzenleistung gesunken.

Jetzt war es an der Zeit, wieder die Flachschieber einzubauen. Die Standartgröße für die Hauptdüse der 40er Flachschieber ist eine 130er. Trotzdem habe ich es zuerst mit einer 140er versucht. Bei 5000 Umdrehungen stellte der Motor die Verbrennung komplett ein. Also die 130er. Aber auch damit lief es nur ein bißchen besser. Der Motor ließ sich jetzt zwar über 5000 drehen, blieb aber weit unter der Kurve mit den Serienvergasern. Weil das Wechseln der Hauptdüsen eine ziemliche Plackerei ist, habe ich als nächsten Schritt wieder den Luftfilter entfernt. Eine leichte Verbesserung, aber immer noch keine Kurve, die diesen Namen verdient hätte. Ich war kurz davor aufzugeben. Als letzten Versuch habe ich die Abdeckplatte des Luftfilterkastens weggelassen. Und auf einmal lief es. Noch lange nicht so gut wie mit den Serienvergasern, aber der Motor drehte recht sauber hoch. Ich habe den Deckel und den Luftfilter wieder angeschraubt und es mit 115er Hauptdüsen versucht. Gleich beim ersten Lauf ging der Motor richtig ab. Die Kurve war schon recht sauber und wir landeten bei 148,4 PS.

Es klappte also doch mit den Flachschiebern. Im Fahrbetrieb verhielten sie sich in den unteren Gängen auch bei niedrigen Drehzahlen fast wie die Serienvergaser. Selbst im fünften Gang ließ sich mit etwas Gefühl kurz über Standgas stramm beschleunigen. Über 4000 mußte ich mich schon richtig bemühen, um noch einen Verschlucker zu provozieren. Darüber ging es nur noch vorwärts. Und auch im letzten Gang hatte ich das Gefühl, daß beim vollen Beschleunigen hinter 5000 das Vorderrad sehr leicht wurde. (In den unteren Gängen habe ich es lieber erst gar nicht versucht, weil ich leider keine Wheelies kann, ohne mich nach spätestens fünf Metern auf die Fresse zu packen) Das Standgas war trotz penibler Synchronisation etwas rauer als vorher, blieb aber absolut stabil. Ich hätte also zufrieden sein können, wenn da nicht noch die Sache mit den 150 PS gewesen wäre. Roberts Abholtermin rückte immer näher und wir haben noch schnell einen KN-Fiter bestellt. Am nächsten Tag war er da. Ich mußte ihn noch an den modifizierten Krause-Einlaß anpassen, ab auf die Rolle und mit 117,5er Hauptdüsen hatten wir sie endlich:
Leistungsdiagramm
150 PS nach DIN an der Kupplung. 143 am Hinterrad. (Rot die Eingangsmessung).
Drehmoment
133 Nm und das maximale Drehmoment sogar ein bißchen früher als vorher. (Der Kinken bei 4000 ist nicht nur unschön, sondern auch noch meine Schuld. Ich war zu hastig mit dem Gas)
Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, ganz zum Schluß noch den dB-Eater zu entfernen und eine letzte Messung zu machen. Dann hätten wir mit etwas Glück noch 2-3 PS drauflegen können. Irgendwie habe ich das aber vergessen. Das wäre mir wahrscheinlich nicht passiert, wenn die XJR mit dB-Eater 149,7 PS erreicht hätte, aber so wichtig war es ja nun nicht mehr.

Vom Verkäufer der Akrapovic-Anlage bekamen wir per Post zwei Adapterplatten, mit denen sich der Auspuff wesentlich spannungsfreier anbauen ließ. Die Beifahrerfußrasten wanderten dadurch allerdings derart weit nach oben, daß keine erwachsene Frau, die etwas auf sich hält, noch freiwillig mitfahren würde.

Auf der abschließenden Probefahrt habe ich zehn Liter vom guten 100 Oktan Sprit verfeuert. Nicht nur, weil es Spaß gemacht hat, sondern auch, um meinen Teil dazu beizutragen, daß wir nächstes Jahr wieder so einen schönen April bekommen. Und das war´s dann wieder.

Noch eine allerletzte Sache, die ich mir nicht verkneifen kann.

Der relativ niedrige Drehmomentverlauf (wir sprechen hier aber schon von Werten, die immerhin deutlich über 100 Nm liegen) vor dem starken Anstieg bei 5000 beschäftigt mich immer noch. Eigentlich muß das nicht sein. Obwohl ich ziemlich viel ausprobiert habe, änderte sich aber an der Form der Drehmomentkurve in diesem Bereich nur wenig. Deswegen vermute ich, daß die Ursache auf der Ansaugseite liegt. Das könnte eine ungünstige Ansauglänge oder ein nicht passendes Volumen der Airbox sein. Offene Trichter wären die einfachste Lösung und erzeugen nebenbei noch einen herrlich hämmernden Sound. Im öffentlichen Straßenverkehr ist das aber leider nun mal so eine Sache. Ich habe mir jedenfalls allein damit 9 Punkte eingefangen. Und in der Gegend, in der Robert unterwegs ist, wäre er wahrscheinlich nicht so billig weggekommen. Trotzdem würde ich gerne nochmal versuchen, wenigstens mit den Ansauglängen zu experimentieren. Da könnte sich übrigens auch in der Mitte und oben noch etwas einfinden.

Wenn ich dazu gekommen bin, sage ich Bescheid.