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Viertakt Tuning |
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Alles über Tuning von Viertakt-Motoren!
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Ulf Penner |
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Kurzbiografie
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Auspuffanlagen, oder |
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... warum laut nie out sein wird |
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Es
soll vereinzelt Motorradfahrer geben, die noch nie im Leben eine laute Tüte
an ihr Motorrad geschraubt haben. Ich behaupte: Sofern sie nicht weiblich oder
sogenannte Späteinsteiger sind, ist das schlicht und ergreifend widernatürlich.
Für den Beweis dieser These ist es leider unumgänglich,
etwas weiter auszuholen. Ich werde aber versuchen, mich kurz zu fassen. Schauen
wir uns zunächst einfach mal um. Eine naheliegende Quelle für die
Feldforschung sind Internetforen. Hier trifft man ohne großen Aufwand
zahlreiche Mitglieder der Zielgruppe und deren Verhalten ist recht ungezwungen.
Ich staune inzwischen nicht mehr, wenn ich dort Diskussionen über
Auspuffanlagen mitverfolge; denn da spielen der mögliche Leistungsgewinn
oder Gewichtsvorteil eine eher untergeordnete Rolle. Die am häufigsten
gestellte Frage lautet stattdessen: "Wie klingt sie?" Und das sichere
Todesurteil: "Die ist kaum lauter als die Serie." Viele Anbieter sind
deshalb dazu übergegangen, Soundfiles ihrer Produkte ins Netz zu stellen.
Leistungskurven findet man seltener. Deutlich erkennbar ist auch der
Zusammenhang mit der Altersstruktur der Forumsteilnehmer. Auch wenn sie nie ganz
verschwindet - die Vorliebe für Lautstärke scheint in der Jugend sehr
weit verbreitet zu sein und mit dem Alter abzunehmen.
Wenn solche Phänomene auftreten, lohnt sich ein Ausflug in die
Verhaltensforschung. Während selbst die wildesten Raubtiere ihre Beute
recht einsilbig töten, wird es bei innerartlichen Raufereien fast immer
sehr laut. Und da kann ein besonders imponierendes Gebrüll nicht nur den
Kampf entscheiden, sondern bereits im Vorfeld einen weniger stimmgewaltigen
Rivalen zum Rückzug bewegen. Jane Goddal hat eine Beobachtung beschrieben,
die so amüsant wie aufschlussreich ist. In dem Schimpansenrudel, das sie
erforschte, fand ein noch halbwüchsiger Affenbursche einige leere
Wasserkanister. Er hatte natürlich nichts besseres zu tun, als sofort zum
Rudel zurückzulaufen und dabei zwei Kanister aneinander zu schlagen. Es
schepperte und hallte gewaltig zwischen den Bäumen. Der junge Mann fand
schnell Gefallen an dieser Beschäftigung und ganz besonders gefiel ihm die
Reaktion der anderen Affen. Die machten sich nämlich vor Angst fast in die
Hosen. Selbst das Alphamännchen, das sonst jede Gelegenheit nutzte, den
potentiellen Nachfolger rabiat zu schikanieren, traute sich nicht, dem dreisten
Treiben Einhalt zu gebieten.
Ganz offensichtlich bedeutet also die Fähigkeit, lauter als
andere zu sein, einen entscheidenden Vorteil, wenn es um die Rangordnung geht.
Und ein vorderer Platz in dieser Ordnung führt zu einem größeren
Fortpflanzungserfolg. Richtig, es geht, wie immer in der Evolution, um Sex.
(Jetzt, liebe Kreationisten, werde ich es schreiben, weil ich weiß, daß
ihr hier nicht mitlest: Natürlich wurde die Welt vor ungefähr 6000
Jahren an sechs Tagen erschaffen. Aber ich bin nun mal Teil der weltweiten
Verschwörung, die euch vom rechten Weg abbringen soll. Und ich mache hier
nur meinen Job.)
Eine naheliegende Schlussfolgerung wäre also, daß wir alle
einer langen Selektionskette von Krawallbrüdern entstammen. Wir würden
zwar einen Fehler begehen, wenn wir diese Fähigkeit zum einzigen Kriterium
für den Fortpflanzungserfolg erheben würden, aber ein mindestens
ebenso großer Fehler wäre es, ihr die Rolle abzusprechen, die sie,
tief in unseren Genen verankert, auch heute noch spielt.
In unseren
großen innerartlichen Konflikten, den Kriegen, war es noch bis vor kurzem üblich,
sich mit Gebrüll auf den Feind zu stürzen. Grauenhafte Töne aus
Dudelsäcken oder das rhythmische Schlagen großer Trommeln sollten dem
Gegner den Schneid abkaufen. Daß die heutigen technisierten Kriege, die
mit weitreichenden Waffen über große Distanzen geführt werden,
solche Maßnahmen nicht mehr notwendig machen, wird sich, wenn überhaupt,
erst im Laufe vieler Jahrtausende auf unser Genom auswirken. Aber auch im
Zivilleben ist es kein großes Problem, Mitmenschen zu beobachten, die, wie
unser Affe weiter oben, technische Hilfsmittel mit dem Ziel benutzen, ihre
Umwelt durch Lärm zu beeindrucken. Wenn ein Auto an uns vorbeifährt
und wir ein dröhnendes Bummbumm aus dem Kofferraum hören, können
wir mit signifikant hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen, daß da
eine ältere Dame am Steuer sitzt. Und der junge Mann, der das Auto fährt,
schätzt ganz sicher mindestens ebenso die Aufmerksamkeit, die er erregt,
wie den hirnlosen Schrott, den er für Musik hält. Jetzt sind wir
wieder so dicht an den lauten Auspuffanlagen, daß ich keine Wahl mehr
habe. Bringen wir es hinter uns: Der Sound einer offenen Tüte soll der
Umwelt die Ankunft eines wilden, zu allem entschlossenen Kerls signalisieren.
Darum geht es.
Daß ein solcher Auftritt besonders für junge Männer
wichtig ist, liegt daran, daß sie von ganz unten kommen und ihren Platz in
der Rangordnung noch nicht gefunden haben. Männer in höherem Alter
sind da in der Regel schon deutlich entspannter. Sie haben lange genug gekämpft
und sich mit ihrer Umwelt arrangiert. Jetzt gilt es nur noch, ab und zu das
Erreichte zu verteidigen. Dazu kommt die allmähliche Ausbildung der
Spiegelneuronen im Frontalhirn. Diese sind sozusagen die biologische
Entsprechung des schönen Satzes: "Was du nicht willst, daß man
dir tu...." In der Regel dauert dieser Prozess von der Geburt bis zu seinem
Abschluß ca. 30 bis 35 Jahre. Erst dann sind die meisten Menschen zu
Empathie fähig. Der durchschnittliche Zwanzigjährige weiß zwar,
daß er etwas Verbotenes tut, aber er kann die ganze Aufregung innerlich
noch nicht wirklich nachvollziehen - zumindest solange nicht er durch den Lärm
anderer gestört wird. Er wird weiterhin, ohne sich groß über die
Gründe im Klaren zu sein, einem mächtigen Instinkt folgen müssen.
Und wir werden es, wie einst unsere Väter, sehr schwer haben, ihn davon
abzuhalten. Soviel dazu.
Übrigens: Falls du in einem Alter bist, in dem du eigentlich
schon eine Serientüte fahren müsstest - richtig erwachsen werden wir
nie und ich schon garnicht.
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