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Viertakt Tuning |
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Alles über Tuning von Viertakt-Motoren!
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Ulf Penner |
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Kurzbiografie
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Die Sache mit dem Prüfstand |
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... so kompliziert ist es aber garnicht.
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Ich weiß, daß viele Männer
davon träumen, von Naomi Campbell mal so richtig lecker bekocht zu werden.
Ganz kann ich das aber nicht nachvollziehen, denn das Schönste, was es gibt
auf der Welt, das ist ein Prüfstand.
Um den Prüfstand ranken sich die wildesten Geschichten. Da wird
gestritten über Kupplungsleistung oder Hinterradleistung. Es gibt
Klimafaktoren, Messung nach DIN, nach EG-Norm, Schleppleistung, Schlupf und so
weiter. Nicht selten trifft man auf die Befürchtung, daß ein Prüfstandslauf
den Motor extrem belasten würde. Mindestens genau so häufig sind
Diskussionen darüber, welcher Prüfstand eher tiefstapelt (Ein
Naturgesetz: Immer der, auf dem man selber war) oder welcher überhöhte
Werte anzeigt (Alle anderen). Ganz so kompliziert ist es aber garnicht.
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Dieser unverschämt
gutaussehende junge Mann mußte sich ausgerechnet während der Aufnahme
auf unserem Hauptdarsteller breitmachen. Wenn das mal nicht mit Absicht war.
Deswegen noch eine Nahaufnahme der Rolle |
 | Fangen
wir einfach mal von vorne an. Auf dem am weitesten verbreiteten Prüfstand,
dem Rollenprüfstand, treibt das Hinterrad eine Rolle an. Damit haben wir
schon gerechnet. Für viele überraschend ist das Gewicht dieser Rolle. Üblich
ist eine knappe halbe Tonne. Sie ist aber leichtgängig gelagert und es ist
kein Problem, sie mit einem frisierten Mofa von Null auf 100 Km/h zu
beschleunigen. Selbstverständlich klappt das auch mit einer 175 PS
Hayabusa. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden besteht in der Zeit,
die sie dafür benötigen. Die Hayabusa erledigt das Ruckzuck, während
das Mofa recht lange braucht. Und damit haben wir auch schon das Prinzip des
Rollenprüfstands begriffen. Je schneller ein Motor die Rolle beschleunigen
kann, umso mehr Leistung hat er. Im obigen Beispiel haben wir noch ein recht
großes Messintervall genommen. Die Intervalle lassen sich dank moderner
Technik aber auch sehr viel kleiner wählen. Wie schnell beschleunigt der
Motor zum Beispiel die Rolle von 91 auf 92 Km/h?. Wenn wir diesen Wert ermittelt
haben, die dazugehörige Drehzahl und ein paar Formeln kennen, könnten
wir einen Punkt im Leistungsdiagramm einzeichnen. Der angeschlossene PC ist aber
schon so freundlich und errechnet während des Laufs so viele dieser Punkte,
daß es für eine richtige Kurve reicht.
Die Belastung des Motors auf dem Prüfstand ist dabei nicht höher
als im Normalbetrieb. Sie ist sogar etwas geringer, weil selbst im letzten Gang
das komplette Drehzahlband in ca. 15 Sekunden durchfahren wird. Einmal kurz
Topspeed auf der Autobahn setzt ihm mehr zu.
Das war´s im Wesentlichen eigentlich schon.
Kommen wir jetzt zu den Details Eben haben wir die Leistung am
Hinterrad ermittelt. Die Hinterradleistung ist aber weniger aussagekräftig
als oft behauptet wird. Es gibt einige gute Gründe, die Kupplungsleistung
zu messen. Dafür lassen wir am Ende der Messung den Motor mit gezogener
Kupplung ausrollen. Jetzt muß die Rolle das Hinterrad, den Endantrieb und
das Getriebe drehen. Dabei wird sie durch die Reibung langsam abgebremst. Anhand
der Verzögerung errechnet der Computer die sogenannte Schlepp- oder
Verlustleistung. Die addiert er zur Hinterradleistung und kommt so auf die
Leistung an der Kupplung. Dieser Wert ist deswegen aussagekräftiger, weil
es einige Faktoren gibt, die eine Messung der reinen Hinterradleistung verfälschen
können. Ein schlapp aufgepumpter Reifen oder ein verschlissener Kettensatz
sind mögliche Fehlerquellen. Manchmal werden die Motorräder zusätzlich
mit Spanngurten auf dem Prüfstand festgezurrt, um den Schlupf zu
reduzieren, wodurch der Reifen aber auch stärker walkt. Der gleiche Effekt
tritt ein, wenn der Knabe, der bei der Messung auf dem Motorrad sitzt, 130 Kilo
wiegt. Auch hier wird die Hinterradleistung niedriger sein, als bei einem 45
Kilo Mädchen. In all diesen Fällen kann die eingerechnete
Verlustleistung die Differenzen weitgehend ausgleichen und so für
objektivere Werte sorgen.
Ein anderer wichtiger Faktor ist die Klimakorrektur. Der Hintergrund
dafür sind Leistungsschwankungen, die dadurch entstehen, daß ein
niedriger Luftdruck und eine hohe Umgebungstemperatur die Leistung des Motors
reduzieren. Das kennen wir alle: Wir fahren an einem sonnigen, kühlen
Morgen durch ein Waldstück und der Motor fühlt sich auf einmal so
richtig wohl. Um Messungen vergleichbar zu machen, die unter verschiedenen äußeren
Bedingungen stattfinden, errechnet der Computer anhand der Klimadaten einen
Korrekturfaktor, der in das Messergebnis einfließt. Dabei wird üblicherweise
nach DIN oder EG-Norm korrigiert. Die EG-Norm berücksichtigt zusätzlich
auch die Luftfeuchtigkeit und geht von anderen Grundwerten aus, so daß die
Ergebnisse in der Regel etwas unter denen der Messung nach DIN liegen. Bei
Angaben, die sich auf die Kurbelwellenleistung beziehen, wird einfach nur die
Kupplungsleistung, je nach Motorenbauweise, nochmal pauschal um ein paar Prozent
hochgerechnet, die den Verlust berücksichtigen, der bei der Kraftübertragung
von der Kurbelwelle auf die Kupplung entsteht. Dieses Durcheinander an
Leistungsangaben sorgt immer wieder für ausgiebigen Diskussionsstoff auf
Treffen, in Foren und an Stammtischen. Besonders beliebt ist erfahrungsgemäß
die Nummer, die gemessene Kupplungsleistung des eigenen Motorrads als
Hinterradleistung auszugeben und dann nochmal großzügige zehn Prozent
Verlust aufzuschlagen. Hier wollen wir - im Zweifel für den stolzen
Besitzer - annehmen, daß er vielleicht mitverfolgt hat, wie die Messung
gemacht wurde und irrtümlich davon ausgeht, auf dem Diagramm die
Hinterradleistung zu sehen. Dadurch kann es auch dazu kommen, daß der
Eindruck entsteht, bestimmte Prüfstände würden deutlich höhere
oder niedrigere Werte anzeigen als andere. Bei gleicher Meßmethode weichen
die Ergebnisse der verschiedenen Fabrikate tatsächlich kaum voneinander ab.
Aufgrund der Leistungskurve kann der Computer auch die Drehmomentkurve
berechnen. Diese ist mindestens ebenso interessant, weil sie deutlicher erkennen
läßt, wo der Motor besonders gut funktioniert und sich wohlfühlt.
Auch das subjektive Empfinden der Leistung wird hier ziemlich genau abgebildet.
Besonders wichtig ist die Drehmomentkurve, wenn es darum geht, die Ergebnisse
von Tuningmaßnahmen zu beurteilen. Kleinere Durchhänger und
Leistungsspitzen lassen sich viel leichter als auf der Leistungskurve erkennen.
Weil es leider in jeder Branche schwarze Schafe gibt, noch ein paar Sätze
zu den Manipulationsmöglichkeiten. Klimawerte lassen sich auch manuell
eingeben. Auf diese Art kann man dem Motor, ohne einen Finger krumm gemacht zu
haben, auf dem Papier zu 10% Mehrleistung verhelfen. Oder ein schwerer Kerl
setzt sich während der Beschleunigungsphase fast auf den Tank und rutscht
beim Ausrollen wieder ganz nach hinten. Der Leistungsgewinn liegt in der Region
einer gut gemachten Kanalarbeit und ist mit erheblich weniger Aufwand verbunden.
Geradezu phantastische Ergebnisse lassen sich erzielen, wenn beim Ausrollen die
Kupplung so gezogen wird, daß sie nicht vollständig trennt. Die
Verlustleistung steigt gewaltig und ein glücklicher Kunde wird sich über
schnell gefundene 20 PS freuen. Wahrscheinlich im Wissen um diese Möglichkeiten
hat sich schon vor längerer Zeit ein bekannter englischer Tunerkollege,
dessen Name mir gerade entfallen ist, zu dem schönen Satz hinreißen
lassen: Trau keinem Diagramm, das du nicht selbst gefälscht hast.
Bevor aber jetzt jemand auf falsche Gedanken kommt: Der korrekt
bediente Prüfstand ist ein wunderbares, zuverlässiges Messwerkzeug.
Ich werde mich auf einem beerdigen lassen.
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