Motortuning Triumph Thruxton 900

Tuning mit Hindernissen (der Könstler jammert häufig)


Als sentimentaler alter Sack und im Gedenken an mein erstes Motorrad, eine Yamaha XS400, fand ich, daß es langsam an der Zeit wäre, mir einen von diesen neoklassischen Twins vornehmen. In Frage kamen eigentlich nur die W 650 von Kawasaki und die Triumph Thruxton. Beides ganz sicher keine Motorräder, auf die sich jemals ein PS-Junkie verirren wird. Eher etwas für den gereiften Landstraßengenießer, der dem allgemeinen Wettrüsten einen etwas entspannteren Lebensentwurf entgegensetzt. Aber es gibt da auch ein paar Jungs, die an so etwas einen Stummellenker und eine Höckersitzbank schrauben, um ab und zu eine flotte Sohle auf die Landstraße zu legen. Die Kisten firmieren unter Cafe-Racer und deren Fahrer haben sich mit Jeans, Jethelm, protektorenfreien Lederjacken und allerlei merkwürdigem Schuhwerk oft auch in der Bekleidungsfrage vom Mainstream verabschiedet. (OK, auch nur eine Uniform, aber immerhin eine mit Stil). Und nicht zu vergessen die wachsende Gemeinde, die sich mit diesen Motorrädern auf dem Track trifft, um gutgelaunten Amateursport zu betreiben. Da darf der Motor auch schon etwas mehr Druck haben.
Eine Anfrage im W650-Forum brachte zunächst keine große Resonanz (siehe MO ??? Tuningbericht W650). Ich habe dann auf gut Glück Jochen Schmitz-Linkweiler, den Chef von LSL, angerufen. Ihn hatte ich vor Jahren in Oschersleben auf seiner Triumph Bonneville getroffen. Inzwischen hatte LSL eine sportliche 900er Thruxton aufgebaut, die beim Rennen in Schleiz eingesetzt werden sollte, deren Motor aber noch weitgehend serienmäßig war. Ich hatte also Glück gehabt und eine offene Tür eingerannt. Es gab allerdings einen Haken: Bis zum Rennen blieben lediglich drei Wochen Zeit.

Im Vorfeld hatte ich mich schonmal schlau gemacht. Der Motor der Triumph brachte mit seinen 865 Kubik, einer kurzhubigen Auslegung (90 x 68 mm) und der geringen Serienleistung von (Werksangaben) 70 PS und 72 Nm gute Vorraussetzungen mit. Ich schätzte, daß wir mit dem vollen Programm bei problemlos fahrbaren 85 bis 90 PS ankommen sollten. Zum vollen Programm würden unter anderem eine Auspuffanlage, Flachschiebervergaser, eine modifizierte Nockenwelle und eine Kopfbearbeitung gehören. Mit einer spitzen Leistungscharakteristik und einer Hubraumerweiterung könnten vielleicht auch die 100 PS drin sein. Eine Einschränkung war die maximale Drehzahl. Schon bei 7700 Umdrehungen (17,45 m/sek mittlere Kolbengeschwindigkeit) rannte der Motor in den Begrenzer. Die Spitzenleistung sollte deswegen bei ca. 7000-7500 anliegen. Um bei 7000 auf 90 PS zu kommen, würden wir 90 Nm Drehmoment benötigen. Selbst bei 7500 wären es immer noch 84 Nm. Wir müßten also von 85 an - oder über - die magischen 100 Nm pro Liter Hubraum kommen. Das sollte möglich sein. Weil die Thruxton aber auch unbelästigt im öffentlichen Straßenverkehr bewegt werden sollte, mußten wir die Flachschieber wieder von der Liste streichen. Da blutete das Tunerherz, denn der 36er Originalvergaser war eine eindeutige Engstelle. Während die freien Ventilquerschnitte ausreichten, bis ca. 7000 eine gute Füllung zu gewährleisten, drosselte er bereits ab ca. 5500 Umdrehungen.

Die Suche nach einem Auspuff gestaltete sich schwierig. Weil die Thruxton noch relativ selten unterwegs war, blieb die Auswahl an ABE-Anlagen eingeschränkt. Irgendwelche illegalen Tüten draufzustecken, passte nicht zur Vorgabe. Dazu kam, daß der originale Kümmerdurchmesser mit 35mm nicht besonders groß geraten war. Sepp Bruckschlögel von SR-Racing hatte zwar mal eine TÜV-fähige Komplettanlage gebaut, die sehr gute Werte ablieferte, aber die war ein Einzelstück geblieben. Um die Anlage nachzubauen, hätten wir ihm das Motorrad ein paar Tage hinstellen müssen - dafür reichte die Zeit nicht. Wir entschieden uns, es für den Übergang erst mal mit Shark-Tüten auf den Serienkrümmern zu versuchen. Die Sharks sind Slip-Ons, als Absorptionsdämpfer aufgebaut und haben eine ABE. Für die Rennstrecke lassen sich die dB-Eater entfernen.

Die Ventilgrößen der Triumph waren mit 31mm am Einlaß und 26mm am Auslaß nach meinem Geschmack für einen Zylinder mit 90er Bohrung etwas mickrig. Die Dreizylinder 955i aus dem gleichen Hause hat bei nur 79 Millimeter Bohrung 33,5er Einlaßventile. Einen Lichtblick gab es bei den Steuerzeiten. Bei 1mm Ventilhub waren die Werksangaben: Einlaß 4/48 (Gesamtöffnung 232) und Auslaß 33/7 (220). Hier war sicherlich noch Luft nach oben. Die maximalen Ventilhübe waren allerdings erstaunlich hoch: Einlaß 9,5mm und Auslaß 9,4mm. Eine Menge Hub für eine solch kurze Öffnung. Die Verdichtung war mit 9,2 angegeben und Triumph erlaubte die Verwendung von Normalbenzin. Mit 98-Oktan sollten problemlos 10,5 möglich sein. Durch diese insgesamt sehr zahme Auslegung war die Charakteristik des Motors im Serienzustand eher langweilig. Die Drehmomentkurve verlief fast eben und es war nirgendwo ein Kick in Sicht. Das passte nicht zu Herrn Schmitz-Linkweilers - und meiner - Vorstellung von einem anständigen Cafe-Racer. Ein solcher Motor muß bei niedrigen Drehzahlen sauber laufen, eine stramme Mitte haben und in der oberen Hälfte nochmal eine Schippe nachlegen. Soweit die Planung im Vorfeld. Und jetzt ist es auch mal an der Zeit, mich bei den Jungs aus dem Thruxton Forum für die Unterstützung zu bedanken.

Nach dem Bremerhavener Fischereihafenrennen stand sie dann in der Werkstatt.
Triumph Thruxton 900
Ein ansehnliches Motorrad mit edlen Zutaten. Ein typischer Umbau im LSL-Stil. Da darf der legendäre Lenkungsdämpfer nicht fehlen.
Für die Referenzmessung hätte ich allerdings lieber ein Originalexemplar gehabt. Der LSL-Motor war zwar innen unangetastet, aber an der Peripherie verändert. Die Dämpfer stammten aus dem Louis-Zubehörprogramm. Reflektionsdämpfer, keine ABE, optisch stimmig und mit angenehm kernigem Sound. Trotzdem hatte ich schon oft genug erlebt, daß solche Tüten Leistung kosten. Zusätzlich war die Ansaugöffnung der Airbox erweitert und die Vergaser waren mit 126er Hauptdüsen abgestimmt. Das ist wiederum eine beliebte Tuningmaßnahme, die in vielen Fällen Leistung bringt. Damit konnte ich wiederum leben.

Daß die LSL-Thruxton tatsächlich garnicht so schlecht lief, stellten wir fest, als wir doch noch ein serienmäßiges Exemplar auf den Prüfstand bekamen. Jackson aus dem Forum brachte uns seine originale Thruxton mit 2000 Kilometern auf der Uhr vorbei. Im Rucksack hatte er außerdem einen Satz illegaler Dämpfer aus dem Triumph-Originalzubehör. Diese sind in der Szene unter der Bezeichnung "TORs" bekannt und als reine Absorptionsdämpfer aufgebaut. Sie haben einen relativ engen Durchlass und ein recht großes Dämmvolumen. Dadurch bleiben sie akustisch einigermaßen unauffällig, erzeugen aber einen schön dumpfen Klang. Wir haben die Gelegenheit genutzt, gleich ein paar weitverbreitete, einfache Modifikationen auf dem Prüfstand durchzumessen.

Zuerst ein Lauf im Serienzustand. Kein tolles Ergebnis: 66 PS und 69 Nm lagen unter der Werksangabe, waren aber, wie ein Blick ins Netz ergaben, wohl eher die Regel als die Ausnahme. Dann haben wir einen Lauf mit den offenen Tüten gefahren. Als Drittes haben wir den Luftfilterkasten aufgemacht. Dafür haben wir sowohl den Einlaßschnorchel, als auch den Air Restriktor, eine Platte in der Airbox, entfernt und den Vergaser umbedüst. Zuletzt noch ein Lauf mit offenen Tüten und modifizierter Airbox. Die Ergebnisse waren erstaunlich. Weil die Spitzenleistung sich kaum geändert hat, kommen jetzt die Drehmomentkurven, an denen die Unterschiede im mittleren Drehzahlbereich besser zu erkennen sind:

Triumph Thruxton 900
Blau: Serie / Rot: Mit offenem Auspuff / Hellblau: Offene Airbox / Grün: Airbox und Auspuff offen.
Oberhalb von 6500 waren sich die Kurven weitgehend einig. Alles davor war schon fast eine Offenbarung. Sehr gut hat mir auch die Kurve gefallen, die wir allein durch das Öffnen der Airbox erzielt haben. Sehr wenig Materialeinsatz und nur ein paar Stunden Arbeit. Dafür gab es eine ordentliche Mehrleistung im mittleren Drehzahlbereich, einen fast bilderbuchmäßigen Leistungsverlauf und das Ganze war kaum lauter als die Serie. Das ist doch schonmal was.

Die LSL Thruxton lief übrigens fast deckungsgleich mit der schönen grünen Kurve. (Was immer ich über Ihre Tüten gesagt habe, nehme ich hiermit zurück, Herr Louis).
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